Gaularfjellet

23. September 2023 – Von Vågsøy zum Gaularfjellet

Ein weiter genialer Camping Spot

Wir reihen uns ein in die Wartespur für die Fähre von Måløy nach Oldeide auf der Insel Bremagerlandet. Ein perfekter Regenbogen über der Inselwelt versüßt uns die regnerische Überfahrt.

Aufgrund des miesen Wetters stellen wir unsere Pläne schweren Herzens um und verzichten auf die geplanten Aktivitäten auf Bremagerlandet! Anstatt dessen steuern wir die Landschaftsroute Gaularfjellet an. Foto-Stopps an zwei Wasserfällen müssen aber zuvor eingelegt werden. Zunächst liegt der Brudesløret direkt an der Straße. Der Name des Wasserfalls heißt übersetzt „Brautschleier“. Wenn man genau hinschaut, weiß man auch warum!

Der Hudelfossen ist nicht weit entfernt von der Abzweigung zur Landschaftsroute Gaularfjellet. Auf dem Gelände eines Internats kann man sein Fahrzeug parken und einen kleinen Fußweg zum Wasserfall nehmen. Mit einer Fallhöhe von 90 Metern zählt der Hudelfossen zu den beeindruckendsten Wasserfällen Norwegens. Man kommt so nah an die herunterstürzenden Wassermassen heran, dass man angesichts der aufsteigenden Gischt fast meinen könnte, an der Abbruchkante der Victoriafalls zu stehen, die wir auf unserer Reise rund ums Okavango Delta 2016 besucht haben!

Die ersten Kilometer des Gaularfjellets sind eher unspektakulär. Erst nachdem wir auf die Fv613 abbiegen, wird die Landschaft reizvoll. Die Straße verläuft unmittelbar an dem rauschenden Gaula Fluss mit seinen unzähligen Wasserfällen und kleinen Kaskaden. Unser Ziel ist der Hov Hyttegrend Campingplatz am Lisjevatn See. Wieder einmal finden wir ein unglaublich idyllisches Fleckchen Erde, und wieder einmal stehen wir mit unserem Wohnmobil mutterseelenallein auf dem Platz direkt am Flussufer!

24. September 2023 – Gaularfjellet

Fossestien – der Wasserfall-Pfad

Am Morgen, bei besserem Wetter, lassen wir erst einmal die spektakuläre Szenerie unseres Campingplatzes auf uns wirken. Wir sind gestern bei strömenden Regen angekommen, so dass wir uns noch gar nicht richtig umschauen konnten. 

Die Landschaftsroute des Gaularfjellets steht unter anderem auf unserem Programm, da wir den Fossestien vom Parkplatz Tornestolen zurück zum Hov Hyttegrend erwandern wollen. Fossestien heißt so viel wie „Wasserfall-Pfad“ – und dabei ist der Name Programm! Der 21 Kilometer lange Fossestien folgt dem Verlauf des Gaulas und einem alten Pfad, vierzehn Wasserfälle und sieben Seen liegen entlang des schönen Naturstiegs. Vom Gaularfjellet am Torsnesstølen bis zum Endpunkt bei Viksdalen beträgt der Höhenunterschied 500 Meter.

Hov Hyttegrend, Hütten und Campingplatz, wurde in den 70er Jahren von Ottar Hov gegründet. Später begann er damit, den Fossestien als Attraktion für Naturfreunde zu konzipieren, anzulegen und auszuschildern. Zwölf harte Jahre hat er für den Ausbau gebraucht, wie er uns später stolz berichtet! 25 Grundstückseigner mussten mühsam davon überzeugt werden, den Verlauf des Pfades über ihren Grund und Boden zu genehmigen. Es gibt insgesamt vier Einstiegsmöglichkeiten, so dass sich jeder Wanderer seine Route nach Lust und Laune zusammenstellen kann.

Wir haben mit Ottar vereinbart, mit seinem Shuttle um 10 Uhr zum obersten Einstiegspunkt am Torsnesstølen zu fahren. Zumindest innerhalb der Hauptsaison im Sommer fährt der Shuttle täglich um diese Uhrzeit. Für diesen Service zahlt man gerade einmal 40 NOK pro Person, ein sehr fairer Preis. Unser Plan ist, 15 Kilometer  auf dem Steig vom Parkplatz Torsnesstølen nach Hov Hyttegrend zu wandern.  Ottar spricht gut Deutsch und kommt auf den ersten Blick wortkarg und kauzig daher. Irgendwie fühlen wir uns erinnert an den Protagonisten des Buches „Ein Mann namens Ove*“! Er ist eines der Urgesteinein der Fremdenverkehrsregion Sunnfjord.

Auf der Fahrt taut Ottar spürbar auf, zumal er über sein Lieblingsthema, das Missmanagement in der norwegischen Energiepolitik, philosophieren kann. Tatsächlich bezieht Norwegen 90 % seiner Energie aus Wasserkraftwerken mit fatalen Auswirkungen auf die Ökosysteme von Flussläufen und die Natur. Der Gaula zählt tatsächlich zu den wenigen unter Naturschutz stehenden Gewässern Norwegens, die noch wilde Stromschnellen und Wasserfälle zu bieten haben. 

Gleich zu Beginn des Stiegs am Torsnesstølen steht ein Kunstobjekt von Marianne Heier, eine Hand-Wasserpumpe, und man fragt sich zunächst, welchen Sinn hat das Objekt in dieser wasserreichen Gegend? Es gibt insgesamt zehn dieser Pumpen weltweit, die für wasserarme Regionen konzipiert sind. Alle anderen stehen in Malawi, einem armen Land in Afrika, das mit Wasserknappheit arg zu kämpfen hat. Die Wasserpumpe am Gaularfjellet ist gleichsam eine Art Mahnmal angesichts der ungleichen Verteilung lebenswichtiger Ressourcen.

Der obere Teil des Fossestien ist deutlich spannender, aber auch etwas anspruchsvoller, insgesamt ist die Wanderung jederzeit familientauglich!

Rote F-Markierungen weisen den richtigen Wegverlauf, ansonsten ist der Steig naturbelassen, oft steinig. Natürlich gibt es auch zahlreiche sumpfige Stellen, und wir müssen Bachläufe, auf glitschigen Steinen balancierend, queren. Viele morastige Stellen sind auch mit Holzstegen oder Knüppeldämmen überbaut. Gutes Schuhwerk und Wanderstöcke sind absolut ratsam. Die für ein norwegisches Fjell typische Tundra-Landschaft ist atemberaubend. Die niedrigen Fjelllbirken,  Zwergstrauchheiden und Gräser haben eine herbstliche Färbung angenommen. Die Baumgrenze liegt im südlichen Norwegen bei etwa 1.000 Meter.

Wir kommen gerade im ersten Teil des Weges nur langsam voran, da ein spektakuläres Fotomotiv das nächste jagt. An einem der Wasserfälle am Wegesrand machen wir schließlich eine längere Rast und lassen die großartige Szenerie auf uns wirken.

Zwischen den beiden Seen Bythevatnet und Myratvatnet wird es noch einmal etwas mühsam, da einige Höhenmeter zu bezwingen sind. Hier müssen auch Grundstücke umgangen werden, die offenbar dem Verlauf des Pfades über ihr Grundstück nicht zugestimmt haben. Durch das stetige Auf und Ab und seine Länge sind wir am Ende unserer Wanderung doch ganz schön platt. Als „Grande Finale“ beenden wir unsere Tour mit dem tosenden Likholefossen kurz vor unserem Campingplatz. Betritt man die stählerne Brücke über dem Wasserfall, hat man das Gefühl, sich inmitten des rauschenden Sogs zu befinden. 

Stellplatzbewertung Hov Hyttegrend 

Ort: Viksdalen; 61.3263, 6.2693

Art des Stellplatzes: Campingplatz

Kosten: 220 NOK inkl. Dusche

Verfügbar: Alle Einrichtungen verfügbar, Strom 30 NOK, Waschmaschine/Trockner gegen Gebühr

Bewertung Lage: 1+

Bewertung Ruhe: 1

Bewertung Sanitäranlagen: 2

Anfahrt: 5 Kilometer hinter Viksdalen

Mobilfunknetz: 5G

25. September 2023 – Vom Gaularfjellet nach Voss

Ein View Point wie aus dem Bilderbuch

Am Morgen regnet es mal wieder, so dass wir uns mit dem Frühstück ganz viel Zeit lassen. Schließlich wollen wir die weitere Fahrt über das Gaularfjellet in möglichst ansprechendem Licht erleben. Als es schließlich ein wenig aufklart, brechen wir auf. Idyllische Almhütten mit Grasdächern sichten wir am Wegesrand.

Der Gaularfjellet Utsikten ist ein archtiektonisch beeindruckender Rastplatz auf dem höchsten Punkt der Passstraße. Von hier hat man eine faszinierende Aussicht auf die Fernstraße Rv13, die sich in Serpentinen den Hang hinaufschlängelt.

Im beliebten Urlaubsort am Sognefjord, Balestrand, ist das Ende der Landschaftsroute Gaularfjellets. Wir schauen uns in dem schmucken kleinen Städtchen um. Zu dieser Zeit sind hier die Bürgersteige hochgeklappt, kaum ein Urlauber lässt sich Ende September noch in Balestrand blicken. Blickfang des Ortes ist zweifelsohne das Kvikne Hotel, das prächtigste Holzhotel Norwegens, das bereits von Kaiser Wilhelm besucht worden sein soll. Die „Perle Balestrands“ soll seit vier Generationen Ziel für Adlige, Berühmtheiten und Abenteurer gleichermaßen sein. Die Zimmer, die zum Wasser ausgerichtet sind, haben einen berauschenden Blick auf den Sognefjord. Eine architektonische Todsünde ist allerdings der gesichtslose Betonklotz im 70er-Jahre Stil, der dem schmucken Holzbau angesetzt wurde. Man fragt sich allen Ernstes, was sich die Betreiber dabei wohl gedacht haben!

Dann wenden wir uns der der Sant Olafs Kirke zu. Sie wurde 1897 von Anglikanern gegründet, und im Stil mittelalterlicher, norwegischer Stabkirchen erbaut. Hier finden regelmäßig englisch sprachige Gottesdienste statt, die zugehörige Diözese ist tatsächlich die in London! Das Innenleben ist der Kirche erfreulich hell, neunundzwanzig Glasfenster bieten einen fantastischen Panoramablick auf den Sognefjord.

Am Hafen stehen weitere schöne bunte Landhäuser im norwegischen Stil. In einem davon ist das Restaurant Peters Plass untergebracht, dass von einer ukrainischen Frau betrieben wird. Dementsprechend stehen viele Gerichte aus ihrer Heimat auf der Speisekarte. Wir entscheiden uns dennoch gegen das Nationalgericht Borschtsch und für eine norwegische Fischsuppe, die hervorragend ist. Überhaupt ist das Ambiente dieses winzigen Lokals heimelig und einen Besuch wert.

Mit der Fähre setzen wir von Dragsvik nach Vangsnes über. Unser Ziel ist Bergen, jedoch wollen wir noch eine Zwischenübernachtung einlegen. Wir durchfahren auf der N13 das malerische Vikafjell, in dem sich auch das Myrkdalen Fjellandsby Skigebiet befindet. Uniforme Holzbauten in Reih und Glied dienen den Skifahrern hier als zweckmäßige Unterkunft. In Voss finden wir einen ruhigen, an einem See gelegenen Campingplatz.

Stellplatzbewertung Voss Camping

Ort: Voss; 60.6247, 6.4213

Art des Stellplatzes: Campingplatz

Kosten: 395 NOK

Verfügbar: Alle Einrichtungen verfügbar, Dusche (10 NOK) Strom 35 NOK

Bewertung Lage: 2

Bewertung Ruhe: 2

Bewertung Sanitäranlagen: 1+

Anfahrt: von Voss Centrum der Ausschilderung folgen

Mobilfunknetz: 5G

Galerie

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4 Comments

  • Ulrike Kehr

    Schöne Bilder vom Fossestien. Wir sind dieses Jahr im Juni dort nur ein kleines Stück gewandert. Zum einen war es zu warm (fast 30 Grad und pralle Sonne), zum anderen wussten wir nicht, dass man für die One-way-Route auch einen Shuttle buchen kann. Ähnlich haben wir es im Aurlandsdalen gemacht. Und ihr bestätigt, dass der Herbst doch eine der schönsten Reisezeiten für Norwegen ist. Vielleicht nicht so wetterbeständig, dafür Herbstlaub und nicht mehr so überfüllt. 😊

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