North Coast 500 / 1 - Ost

25.05.2022 – Von Grantown on Spey nach Fortrose (151 km)

Wir haben eine Tour in der GlenAllachie Distillery bei Aberlour gebucht (25,– £ p.P.). Zunächst gibt uns Sue, eine Mitarbeiterin der Destillerie, einige interessante Informationen über die Geschichte des Unternehmens und den Produktionsprozess. Seit 2017 ist die Destillerie im Besitz des Master Destillers und Whisky-Koryphäe Billy Walker, der mehr als bisher auf hochwertige Whiskyproduktion setzt. Die Besonderheit von GlenAllachie sind die vier Brennblasen und zwei separaten Spirit Safes, die es dem Betrieb erlauben, zwei unterschiedliche Destillate parallel herzustellen. Sue führt uns in die auf Hochglanz polierte Heilige Halle der Produktion, wo die vier Brennblasen stehen und das klare Destillat als Endprodukt in Tanks fließt.

Nach der Führung darf die Verkostung des Whiskys nicht fehlen. Jeder Besucher erhält abgefüllte Proben von vier verschiedenen Single Malts, sehr praktisch, da ein opulenter Whiskygenuss am frühen Morgen nicht jedermanns Sache ist. So werden wir den Whisky in den kommenden Tagen noch ausführlich verkosten können. Aber schon beim ersten Probieren wird deutlich, dass hier milde und fruchtige Whiskys produziert werden. In der Regel lohnt es sich nicht, Whisky in den schottischen Destillerien zu kaufen, da aufgrund der hohen Steuerabgaben von 70 Prozent nahezu alle Whiskysorten in Deutschland günstiger erhältlich sind.

Eine längere Fahrt steht uns heute bevor, denn wir haben auf der Fortrose Bax Campsite einen Stellplatz gebucht. Seit Inverness befinden wir uns auf der North Coast 500 (NC 500), der Route 66 Schottlands. Sie gilt als eine der schönsten Road Tripps, die man in Schottland unternehmen kann. Die Strecke führt in 500 Meilen einmal um die gesamte nördliche Küste Schottlands.

Die Fortrose Bay Campsite ist wieder einmal ein traumhaftes Plätzchen, auch wenn wir nur noch den letzten verfügbaren Stellplatz in zweiter Reihe ergattern konnten. Für Besitzer von Wohnmobilen jenseits von 6 Metern ist es so ziemlich die einzige Möglichkeit, zum Chanonry Point zu kommen, in dem man sich auf der Campsite einbucht. Der Car-Park am Leuchtturm ist nicht für größere Wohnmobile geeignet. Um 15.45 Uhr ist heute Tiefststand der Ebbe und bei auflaufendem Wasser kann man am Chanonry Point einem großartigen Spektakel beiwohnen. Der Strand am Leuchtturm gilt als der beste Beobachtungsspot für Delfine in Schottland.

Am Ende der Landzunge verengt sich der Meeresarm des Moray Firth auf eine Breite von gerade mal 1,25 Kilometer. Durch die Meeresenge strömen bei Einsetzen der Flut Fischschwärme – damit ist sie ein ideales Jagdrevier für Delfine. Wir sind eine Stunde nach Einsetzen der Flut am Leuchtturm, dem besten Zeitpunkt zur Beobachtung. Ein buntes Völkchen von Einheimischen und Touristen haben sich hier zusammengefunden und starren gebannt auf das Meer, Männer in traditionellen Kilts, Fotografen mit Monsterstativen oder Großfamilien mit Kind und Kegel – alle hoffen, die auf die ultimative Sichtung der putzigen Meeressäuger.

Die lassen jedoch auf sich warten! Wir wollen gerade den Rückzug antreten, als Corinna mit dem Fernglas einen Delfin auf die Meerenge zuschwimmen sieht. Sofort herrscht rege Betriebsamkeit unter den wartenden Fotografen, denn auch sie haben mittlerweile die Tiere entdeckt. Und tatsächlich, eine ganze Schule von Delfinen begibt sich in unmittelbarer Nähe des Strandes auf Jagd.

Wir beobachten über eine Stunde lang das Spektakel, dann wandern wir auf der anderen Seite der Landzunge am Strand zurück zu unserem Campingplatz. Ein Regenbogen über dem Leuchtturm bildet den krönenden Abschluss eines ereignisreichen Nachmittags.

Stellplatzbewertung

Ort: Fortrose, Bay Campsite

Art des Stellplatzes: Campingplatz

Kosten: 17,– £

Verfügbar: Strom (3,– £), Dusche, WC, Trinkwasser, V/E

Bewertung Lage: 1

Bewertung Ruhe: 1

Bewertung Sanitäranlagen: 2-3

Mobilfunknetz: LTE

26.05.2022 – Von Fortrose zum Tarbat Ness Lighthouse (72 km)

Nach einem „Full-Service“ für unser Wohnmobil auf der Campsite steuern wir unser nächstes Ziel an, das Tarbat Ness Lighhouse. Zum Leuchtturm müssen wir die NC 500 verlassen und die ziemlich einsame, aber wunderschöne Landzunge befahren. Der Tarbat Leuchtturm ist sicherlich einer der schönsten, den wir je in unserem Leben gesehen haben. Makellos erhebt er sich in dieser rauen Landschaft, umgeben von üppig blühenden Ginsterbüschen. Es gibt einen Car-Park, an dem man auch übernachten darf. Eine freiwillige Spende in die Donation Box ist für alle Besucher erwünscht.

Jeder Leuchtturm hat übrigens eine eigene Frequenz des Leuchtfeuers. Das Tarbat Ness Lighthouse gibt beispielsweise vier Mal in dreißig Sekunden Leuchtsignale ab. Die Seeleute draußen auf dem Meer kennen die unterschiedlichen Signale und können sich daran orientieren.

Wir laufen zum äußersten Punkt der Landzunge, dem Wilkhaven Point und lassen die Blicke auf das Meer schweifen. Eine große Delfinschule zieht gemächlich an uns vorbei – welch eindrucksvolles Spektakel an diesem einzigartigen Ort. Wir entscheiden spontan, heute nicht mehr weiterzufahren und den Leuchtturm im Abendlicht zu fotografieren. So machen wir es uns zunächst einmal für eine kurze Mittagspause im Wohnmobil gemütlich.

Unser Plan, in dem hochgelobten Restaurant „The Oystercatcher“ in Portmahomack zu speisen scheitert leider, da das Lokal restlos ausgebucht ist. Dennoch setzen wir zumindest einen Teil unseres Vorhabens in die Tat um und wandern den Tarbat Ness Circuit in das kleine Fischerdörfchen. Der Trail entlang der Küstenlinie ist unbeschreiblich schön! Die schroffe Küstenlandschaft mit den geschichteten Felsformationen begeistert uns und lädt unentwegt zu Foto-Stopps ein.

Der Pfad führt über diverse Weiden, auf denen uns grimmig dreinschauende Bullen argwöhnisch beäugen. Tatsächlich warnen Schilder an den Zäunen davor, den Bullen zu nahe zu kommen, da sie insbesondere in dieser Zeit aggressiv sein können! Auch kommen wir an einem Walknochen vorbei, der scheinbar unbeachtet auf einer Weide liegt, ein riesiger Wirbel mit einer Rippe.

Mit den Bullen geht alles gut, nicht so mit dem Wetter: Wir geraten in unseren ersten schottischen Landregen! Nass bis auf die Haut erreichen wir Portmahomack und anstatt eines First Class Dinners im Oystercatcher gibt es belegte Sandwiches aus dem kleinen Dorflädchen, die wir in der Nähe des Hafens in einer Regenpause dennoch genussvoll verspeisen. Für den Rückweg wählen wir dann das kleine Sträßchen, das wir heute morgen bereits zum Leuchtturm gefahren sind. Es regnet nun ununterbrochen, aber was soll´s, nasser als nass kann man schließlich nicht werden! 

Leider wird es auch nichts mit der geplanten Foto-Session vom Leuchtturm am Abend – das Wetter spielt nicht mit, und es regnet nach wie vor in Strömen.

Stellplatzbewertung

Ort: Wilkhaven, Tarbat Car Park

Art des Stellplatzes: Parkplatz

Kosten: — (freiwillige Spende in die Donation Box)

Verfügbare Einrichtungen: —

Bewertung Lage: 1+

Bewertung Ruhe: 1

Mobilfunknetz: LTE

27.05.2022 – Vom Tarbat Ness Lighthouse nach Dunbeath (106 km)

So machen wir uns auf den Weg und halten an einem der zahlreichen „Egg-Shops“ der Gegend am Straßenrand, zumeist nicht mehr als eine Holzkiste, aus der man im Self-Service Eier entnehmen und auf Vertrauensbasis bezahlen kann. Der Clou an dem Egg-Shop, den wir ansteuern, ist, dass es hier Goose-Eggs gibt. Die haben wir noch nie zuvor gegessen, und sie werden sicher ein schmackhaftes Omelett ergeben!

In Tain ist der Bannerman Seafood Shop zu finden, der Organic Food anbietet, unter anderem fangfrischen Fisch. Wir kaufen Seeteufel und Scallops, die wir heute Abend zubereiten werden. Ein weiterer Stopp gilt dem hiesigen Tesco Superstore, wo wir noch ein paar Lebensmittel besorgen wollen. Bevor wir uns wieder auf die NC 500 begeben, halten wir noch kurz in der nahen Glenmorangie Distillery. Diese Whisky-Brennerei hat zwar ein schönes Ambiente, die Angestellten sind durch die Bank professionell-freundlich, aber es erinnert doch alles ein bisschen an Massentourismus! Die Gruppen werden im Stundentakt zur Besichtigung durch die Räumlichkeiten der Distillery geschleust, im gut sortierten Shop kann man Whisky und Merchandising-Artikel erwerben. Da loben wir uns doch die Individualität der kleinen, exquisiten GlenAllachie Distillery, die wir vor einigen Tagen besucht haben. Dennoch kaufen wir für ein privates Tasting eine kleine 100 Milliliter Flasche des 10 Jahre alten Single Malts.

Auf direktem Wege steuern wir unser nächstes Ziel an, Dunrobin Castle. Es ist die historische Heimat der Earls and Dukes of Sutherland. Der Parkplatz ist ziemlich voll, was auf die Beliebtheit des Schlosses schließen lässt. Am Eingang kaufen wir unsere Eintrittstickets (13,50 £) und wenden uns zunächst dem Garten zu. In welch bombastischer Traumkulisse liegt dieses schneeweiße Schloss? Es thront mit seinen zahlreichen Türmchen und Erkern erhaben über der barocken Gartenanlage, deren Architekten einst von den Gärten in Versailles inspiriert worden sind – dahinter rauschen die Wogen der Nordsee! Die Szenerie ist so bizarr schön, dass sie diversen Rosamunde Pilcher Kitsch-Verfilmungen als Handlungsort diente!

Der Rundgang durch das Castle ist spannend und begeistert selbst mich, der für das ganze royale Tamtam ansonsten nicht viel übrig hat. Das liegt vermutlich an den unzähligen lebensnahen Exponaten in den zugänglichen Räumlichkeiten. Sie erwecken den Eindruck, genau so habe es hier vor fast 150 Jahren ausgesehen! Wir entdecken während unseres Rundgangs uralte Kinderwagen und Puppenhäuser im Kinderzimmer, royale Gewänder im Ankleidezimmer, Großwild-Jagdtrophäen (die uns als Afrika-Liebhaber natürlich nicht gerade erfreuen) und ein altes Grammophon in der Bibliothek oder einen hölzernen Toilettenthron und eine Emaille-Badewannen im Badezimmer.

Um 14.30 Uhr findet im Garten eine spektakuläre Greifvogel-Flugshow statt. Der Falkner lässt dabei ein ums andere Mal die imposanten Vögel knapp über die Köpfe der juchzenden Besucher rauschen. Die Show ist absolut unterhaltsam und interessant, da der Falkner mit viel Humor über die Lebensweise der Greifvögel berichtet.

Es wird Zeit, einen Übernachtungsplatz anzusteuern. Wir finden bei Park4Night wieder einmal ein ganz exquisites Plätzchen in Dunbeath Harbour direkt am Meer. Gegenüber thront in der Bucht das Dunbeath Castle, ebenfalls ein Handlungsort der Netflix-Serie „The Crown“. Das kleine Take-Away am Hafen, Tasty Toes, hat tatsächlich geöffnet, obwohl im Örtchen der Hund verfroren zu sein scheint. Wir kaufen ein Brioche mit Krabbenfleisch, das wir auf einer Bank am Meer genussvoll verspeisen.

Abends bereiten wir uns ein feines Menü mit dem eingekauften Fisch aus Tain zu: Als Vorspeise gibt es Scallops mit Süßkartoffel-Meerrettich Stampf und Granatapfelkernen, danach Seeteufel aus dem Omnia! Den Abschluss des Menüs bildet ein Stück schottische dunkle Schokolade mit Pink-Himalaya Salz, dazu ein Whisky von GlenAllachie! 

Das I-Tüpfelchen ist der Sonnenuntergang, der die felsige Küste in ein pastelliges Rot einfärbt. In welchem Feinschmeckerlokal der Gegend könnte es an diesem Abend besser sein als in unserem Wohnmobil?

Stellplatzbewertung

Ort: Dunbeath, Harbour

Art des Stellplatzes: Parkplatz

Kosten: freiwillige Spende in die Donation Box

Verfügbare Einrihtungen: WC (öffentlich)

Bewertung Lage: 1+

Bewertung Ruhe: 1-2 (NC 500 leicht in Hörweite)

Bewertung Sanitäranlagen: 3 

Mobilfunknetz: LTE

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