Sassetta
Wir wollen uns bei der Anreise überhaupt keinen Stress machen, so dass wir von vornherein eine Zwischenübernachtung einplanen. Da die A-7 überraschend frei ist, kommen wir am ersten Tag weiter als erwartet. Im schönen Rotenburg o.d.T. legen wir unterwegs eine Mittagspause ein und machen einen schnellen Rundgang durch das lauschige Fachwerk-Ensemble des Städtchens.


Kurz vor dem San Bernadino Pass befindet sich das Hotel Seeblick in dem kleinen Weiler Sufers, das wir noch schnell von unterwegs aus buchen. Die Lage unmittelbar an der E-43 ist zwar alles andere als berauschend, für eine Zwischenübernachtung aber ist das Hotel in Ordnung und für Schweizer Verhältnisse geradezu günstig (120,– SFR inkl. Frühstück).


Wir sind bewegungshungrig, und so entdecken wir auf einem kleinen Spaziergang den Höhenweg oberhalb des Dorfes. An einer Weide blöken zwei frischgeborene und noch blutverschmierte Lämmer erbärmlich und suchen verzweifelt die wärmende Nähe ihrer Mutter. Am Abend genießen wir ein schmackhaftes Menü im Hotel. Einer richtig guten Käseplatte von der hiesigen Dorfsennerei folgt eine Graubündener Spezialität, Capuns mit Speckstreifen, das sind kleine Mangold Rouladen, die in einer deftigen Bergkäse-Rahmsoße serviert werden.
Nach einer geruhsamen Nacht und einem ausgiebigen leckeren Frühstück im Hotel, kaufen wir in der kleinen Sennerei Sufers noch Käse ein, unter anderem den sehr aromatischen Crestawaldkäse, der in einer Höhle unterhalb des benachbarten Sufnersees reift. Wir haben uns entschlossen, die fast 30,– € für die Durchfahrt des San Bernadino Tunnels zu sparen und anstatt dessen in aller Ruhe über die Passstraße zu fahren, eine Variante, die der „Grand Tour de Suisse“ folgt und die wir nur wärmstens empfehlen können. In Serpentinen schraubt sich die zu dieser Jahreszeit wenig befahrene Straße hinauf zur Passhöhe auf 2066 Metern. Hier finden wir eine Landschaft mit einem Wald voller Steinmännchen vor, der vor einem spektakulären Felsmassiv von Menschenhand aufgebaut worden ist. Wir verweilen eine Weile und genießen die Szenerie, bevor wir auf der anderen Seite des Passes wieder hinab zur E-43 fahren. Alles in Allem bedeutet die Passvariante ein zu verschmerzendes zeitliches Plus von gerade einmal zwanzig Minuten.

So aussichtsreich und entspannt die Autofahrt durch die Schweiz entlang der E-43 ist, so stressig wird es unmittelbar nachdem man die italienische Grenze bei Como überfahren hat. Die italienischen Autofahrer übertreffen in punkto Aggressivität ihre Pendants auf deutschen Autobahnen um Längen – das hätten wir nie für möglich gehalten. In einer Baustelle, in der die Fahrbahn auf eine Spur verengt ist, fährt ein italienischer Verkehrsrüpel mit Lichthupe auf Tuchfühlung auf und echauffiert sich wild gestikulierend darüber, dass wir die vorgeschriebenen 60 Stundenkilometer einhalten. Scheinbar empfinden einige italienische Autofahrer die Tempolimits maximal als Empfehlung! Am frühen Nachmittag erreichen wir Donoratico in der Süd-Toskana, wo wir im Coop unseren Grundeinkauf erledigen, bevor wir über die kurvige Strecke über Castagnetto Carducci nach Sassetta hochfahren.
Ein Häuschen in der Traumlandschaft der Toskana
Das Podere La Lama befindet sich in einer toskanischen Traumlandschaft, genauso wie wir es in Erinnerung hatten! Die reizende Besitzerin Irene begrüßt uns herzlich und hat in der gemütlichen, komfortablen Wohnung einige Willkommensgrüße platziert, eine Flasche Wein, eigenes Olivenöl und einiges mehr. Bei einem Gläschen Bolgheri genießen wir den Sonnenuntergang über den Hügeln von Sassetta, wo eine himmlische Ruhe herrscht und kaum ein störendes Zivilisationsgeräusch zu uns vordringt.

Eines steht fest: Eine kulinarische Reise liegt vor uns, auf der wir die grandiosen frischen Produkte der Gegend verarbeiten wollen. Eigens dafür haben wir uns ein großartiges Toskana Kochbuch von Cettina Vizenzino* gekauft, aus dem wir heute und in den folgenden Tagen unsere Inspirationen herausziehen werden. Wir starten am ersten Abend mit Crostini con Crema ai Carfciofi (Crostini mit Artischocken-Ziegenkäsecreme und gebratenen Steinpilzen), gefolgt von Baccala in Crosta di Sesamo (Klippfisch in Sesamkruste auf Selleriesauce). Es werden viele weitere Leckereien aus dem Kochbuch folgen!



Sassetta – ein ursprüngliches Dorf umgeben von Wäldern
Sassetta kommt auch heute noch wie ein Weiler aus alten Zeiten daher, ohne viel touristischem Schnickschnack, aber mit ganz viel Charme. Den Schlachter gibt es leider nicht mehr (Irene erzählt, er sei bei einem tragischen Autounfall ums Leben gekommen), dafür aber den reizenden Allimentari La Bottega, dessen Inhaberin nach wie vor mit der Dorfbevölkerung ein ausgedehntes Schwätzchen hält, ganz so wie man es von einem authentischen Tante-Emma-Laden erwarten kann. Hier gibt es donnerstags frischen Ricotta aus Ziegenmilch, den wir uns nicht entgehen lassen wollen. Überall im Dorf sind Skulpturen aus rotem Marmor zu bewundern, der den Steilwänden der Umgebung abgerungen wird.


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